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Das "Schulbrückchen" um 1930. Ganz rechts, das Haus mit dem Erker und dem Scheunentor, das bis 1842 benutzte Schulhaus. (Foto: August Werner) Die Gemeinde besaß 25.1/2 Acker eigenen Wald (auf dem Steinmal und zwischen der Fulda und dem alten Lobenhäuser Weg, der früher hinter dem heutigen Campingplatz verlief und die Gemarkungsgrenze bildete. Das letzte Stück dieses Weges ist zwar noch sichtbar, aber nicht mehr zu befahren, am Wegrand stehen noch die alten Gemarkungssteine). Außerdem wurde die alte Baumschule noch bewirtschaftet, denn die Gemeinde zog die an den Feldwegen stehenden Obstbäume selbst. Die Riedeselsche Schäferei bestand noch und war verpachtet, dazu gehörten 10 Acker Land und Wiesen, der Pächter hatte keinen "Anspann". Einer der dreispännig fuhr. (Foto: August Werner) Die Gemeinde besaß ein Vermögen von 905 Thalern, hatte allerdings auch 1674 Thaler Schulden (vor allem für den Neubau des Schulhauses im Unterdorf, 1841-42 erbaut). Der größte Hof besaß 90 Acker Land, war mit 763 Gulden Steuerkapital eingestuft und zahlte monatl. 2 Rthl. 7 Sgr. (Silbergroschen) 2 Hlr. Steuern. Fünf Bauern bewirtschaften 70 Acker, 4 über 40 Acker, zwei 30 Acker, sechs mehr als 10 Acker, 12 hatten nur 6 bis 9 Acker und 25 weniger als 5 Acker. Vier Hausbesitzer hatten kein Land, 26 Familien wohnten zur Miete. Ein Knecht erhielt jährlich 16 bis 20 Thaler Lohn, eine Magd 8 bis 9 Thaler. Von den Einwohnern waren 2 Schmied, 2 Wagner, 2 Weißbinder, 2 Schreiner, 2 Schneider, 2 Maurer, 1 Müller, immerhin noch 10 Leineweber und 1 Musikus. Die Haus- und Grundbesitzer hatten (1858) monatlich 32 Rthl. 23 Sgr. 6 Hlr. "Grundsteuer" zu zahlen. Die 80 Wohnhäuser waren wertmäßig in 12 Klassen eingeteilt (wegen der Veranlagung zum Steuerkapital), und zwar in
Die Lage der Landwirtschaft wurde in einer Katasterbeschreibung aus dem Jahre 1851 nicht viel günstiger geschildert als vor mehr als 100 Jahren. Die Äcker "in der Lache" und "auf dem Sande", auf den "neuen Garten", in den "Haarwiesen" und der "untersten Mülmsche" litten sehr unter den Überschwemmungen durch die Fulda, andererseits auch wieder durch das in "nassen Jahren" stehenbleibende Wasser, in anderen Jahren war es zu trocken. Die Wiesen konnten wegen des hohen Fuldaufers nicht bewässert werden. Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhunderts, jedenfalls vor dem Bahnbau, hatte man versucht, mittels einer hölzernen Rinne Wasser aus dem Breitenbach auf die Wiesen unterhalb des Dorfes zu leiten. Die Überreste dieser Rinne entdeckte man bei den Arbeiten zur Kanalisation im Jahre 1957. Sie führte vom Bach schräg über die Höfe Moog und Otto unter der Nürnberger Straße hindurch zu den damaligen "Pflazenörtern", die hinter den Bauernhöfen des Unterdorfes lagen. Über die Gärten und die Obstbaumzucht heißt es: "Die Gärten sind meistentheils Gras- und Baumgärten. In den sehr wenigen und kleinen Grabegärten werden nur Pflanzen (Jungpflanzen für den Anbau von Kohl und Rüben auf den Feldern) und wenig Gemüse gezogen, indem dieses, bestehend aus Weißkraut, Wurzeln, Kohl, Rüben, Bohnen pp. im Ackerfeld gebaut wird. Die Obstbaumzucht ist unbedeutend. Man hat dahier Zwetschen, Apfel- und Birnbäume, die aber selten einen leidlichen Ertrag gewähren." (Mehr über die Röhrenfurther Landwirtschaft lesen Sie in dem betreffenden Kapitel). Die Eisenbahn hatte die Postkutsche und die Fuldaschiffe verdrängt. Mit dem Treideln der Fuldaschiffe und dem Vorspann für die Fuhrwerke war kein Geld mehr zu verdienen. Auf Veranlassung der Franzosen war die neue Straße bei Röhrenfurth an der Fulda entlang gebaut worden. Die ersten Fabriken waren entstanden — in Melsungen vor allem mechanische Webereien und Tuchfabriken, in Kassel die Firma Henschel —, die Maschinen verdrängten die Handarbeit. Eine neue Zeit war angebrochen. Die Ideen der Pariser Juni-Revolution von 1830, die Wahlen zum hessischen Ständeparlament, die erneute französische Februar-Revolution von 1848, der immer stärker werdende Wunsch nach der Einheit Deutschlands, das Scheitern der ersten Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche, die Versuche der kurfürstlichen Regierung in Kassel diese Freiheitsregungen zu unterdrücken, schafften einen erheblichen politischen Zündstoff. Die Regierung verhängte sogar — nach einer Verweigerung der Steuerzahlung durch die Stände — das Kriegsrecht über das Kurfürstentum. Der Kurfürst beantragte beim "Deutschen Bund", dem Hessen seit 1815 angehörte, die "Auflösung" (Execution) seines eigenen Landes. Unsere Heimat geriet dadurch und wegen der Differenzen zwischen Preußen und Bayern an den Rand eines Krieges. 1850 quartierten sich preußische Kürassiere, Ende November bayrische Soldaten in Melsungen ein. Die bayrische Besatzung blieb über ein Jahr. 1852 erhielt Hessen eine neue Verfassung, alle auf etwas mehr politische Freiheit und Liberalisierung gerichteten Ansätze wurden zurückgenommen. Die Menschen blieben weiterhin Untertanen, die zu parieren hatten. Dieser Zustand dauerte weitere 14 Jahre, bis Hessen während des preußisch-österreichischen Krieges 1866 (des Deutschen Krieges) von preußischen Truppen besetzt wurde und seine Selbständigkeit verlor. An unserem rein bäuerlich ausgerichteten Dorf waren die Ereignisse, ohne große Veränderungen zu verursachen, vorbeigegangen. Der Grebe (Bürgermeister) war wie bisher ein Hofbesitzer und würde es auch für die Zukunft bleiben. Die "geringen Liere" (Leute) waren mit ihren eigenen Sorgen um Arbeit und ums tägliche Brot so beschäftigt, daß für sie Zeit zum "Politisieren" kaum blieb. Dieses Geschäft überließ man "denen da oben". Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 schreckte aber auch unser Dörfchen aus seiner ländlichen Ruhe. Die Wogen der nationalen Begeisterung gingen hoch, zogen doch erstmals Soldaten "aller deutschen Stämme" gegen Frankreich, das im Laufe der Jahrhunderte zum "Erbfeind" der Deutschen erklärt worden war. Das wiedererwachte Nationalgefühl überdeckte die persönlichen Ängste und Sorgen der Familien um die Ernährer und Söhne. Eingezogen wurden aus Röhrenfurth: 1. Wilhelm Schanze, von Beruf Wagner, seine Frau war eine Tochter vom Förster Borngrebe, wohnte im Hause Georg Schanze —Judengasse—. Er wurde durch einen Gesäßschuß schwer verwundet; er starb 1883. 2. Heinrich Groh war von Beruf Schneider, wohnte mit im Hause des Heinrich Sohl, früher Schafmeisterhaus. Er stammte aus Eubach, ist später nach Elberfeld "ausgewandert". 3. Justus Schneider, Vater des Martin Schneider auf dem Griechenberg, gestorben 1881. 4. August Seeger, Förster, nur eingezogen in die Garnison, wohnte im Forsthaus an der Brücke. Er gründete 1876 den Männergesangverein. 5. Heinrich Pfeiffer, Eltern waren tot; er war Arbeiter und Knecht in Guxhagen, er trat freiwillig ein und wurde verwundet. 6. Johannes Biermann, Vater von Johs. und Heinrich Biermann. War nur eingezogen und hatte in Frankfurt in der Küche gearbeitet. Kam "gekräftigt am Leibe" zurück. 7. Christian Reuter, wohnte in Borngrebenhaus, war Arbeiter, verkaufte sein Haus und zog nach Dortmund. Seine Schwester Marilies war die Frau von Bauer Kolbe (Freudenstein, Unterdorf). 8. Justus Pfeiffer, war Knecht und nur in die Garnison eingezogen. 9. Konrad Steube, nur in die Garnison eingezogen, starb 1928. Die Angaben zu den einzelnen Namen stammen von Lehrer Eduard Lange, von 1920-1938 in Röhrenfurth. Im Jahre 1877 stiftete die Gemeinde den Kriegsteilnehmern und den Eingezogenen eine Ehrentafel, die, mit den Orden geschmückt, in der Kirche unter der linken Empore ihren Platz hatte. Bei einer Renovierung der Kirche wurde sie abgenommen und ist seitdem nicht mehr auffindbar. |