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Gedenkstein für die Röhrenfurther Juden

© Dorfgemeinschaft
Röhrenfurth

Stein gegen das Vergessen

Stele soll in Röhrenfurth an die ermordeten Juden erinnern


Im November soll auf dem Röhrenfurther Friedhof ein Gedenkstein für die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten Juden aus dem Ort aufgestellt werden. Die Trägerschaft für das Projekt hat die Dorfgemeinschaft Röhrenfurth übernommen. Initiator ist Heinrich Riedemann.
Von Manfred Schaake

Röhrenfurth.
Verfolgt, interniert, deportiert, ermordet. Das wird auf einem Gedenkstein stehen, der auf dem Röhrenfurther Friedhof für die in der Zeit des Nationalsozialismus von 1941 bis 1945 ermordeten Juden aus dem heutigen Melsunger Stadtteil aufgestellt wird. Die Sandstein-Stele mit Bronzetafel soll voraussichtlich Anfang Novemver eingeweiht werden. Der Gedenkstein wird neben dem Ehrenmal für die in beiden Weltkriegen Gefallenen und Vermissten stehen. Träger des Projektes ist der Verein Dorfgemeinschaft Röhrenfurth.

Zur Mahnung – das wird am Ende der elf Namen stehen. Es soll eine ständige Mahnung zum Frieden sein.

Initiator des Projektes ist Heinrich Riedemann (72), der sich seit Jahrzehnten intensiv mit der Röhrenfurter Geschichte befasst. Sein Schwiegervater Kurt Maurer, Jahrgang 1915, hatte persönliche Erinnerungen an das Zusammenleben mit den jüdischen Einwohnern in Röhrenfurth. 1982 hat er in seiner Dorfchronik zur 800-Jahr-Feier die Geschichte der Juden in dem Abschnitt „Den früheren jüdischen Einwohnern unseres Dorfes in memoriam” ausführlich dokumentiert.
1991 regte Maurer in einem Schreiben an den damaligen Ortsbeirat an, den jüdischen Opfern durch eine Ergänzung des Ehrenmals auf dem Friedhof zu gedenken. Kurz danach erkrankte er schwer und verstarb 1992. „Seine Anregung wurde nicht umgesetzt”, sagt Heinrich Riedemann heute.
Der aus Mosheim stammende Bankkaufmann – über 20 Jahre im Ortsbeirat aktiv – ließ nicht locker. Auf seine Anregung hin beantragte der Ortsbeirat beim Magistrat der Stadt Melsungen den Gedenkstein und schlug einen Arbeitskreis vor. Dem gehören neben Riedemann Ortsvorsteher Michael Wagner, Pfarrer Henning Meinecke, Reiner Metz (Friedhofskommission), Paul Stöhr (VdK) sowie Axel Schäfer und Karola Schwarz von der Stadtverwaltung Melsungen an. Der Magistrat genehmigte den Antrag einstimmig.

„Pfarrer Meinecke und der Kirchenvorstand sowie der VdK Röhrenfurth unterstützten das Vorhaben bereits seit Anfang 2016”, sagt Riedemann im HNA-Gespräch. Für ihn ist der Gedenkstein eine Herzensangelegenheit: „Ich freue mich, dass das jetzt verwirklicht wird, weil das damals nicht weiter verfolgt worden ist.”
„Wir dürfen das Schicksal unserer jüdischen Mitbürger nicht vergessen”, sagt Riedemann. Und verweist auf ein aktuelles Datum: „Im November 1943 wurden die meisten der zuletzt in Röhrenfurth wohnenden Juden im Vernichtungslager Auschwitz ermordet, wie aus dem Bundesarchiv hervorgeht. 75 Jahre danach ist das Anlass genug, der ehemaligen jüdischen Mitbürger zu gedenken.”
 
1711 werden die ersten Juden genannt
Bis zu 102 Einwohner jüdischen Glaubens lebten einst in Röhrenfurth in 14 Häusern, hat Kurt Maurer in der Chronik 800 Jahre Röhrenfurth festgehalten: „Das war ein Fünftel der damaligen Einwohnerzahl.” Im früheren Kreis Melsungen lebten Juden nur in Melsungen, Spangenberg, Felsberg, Guxhagen, Röhrenfurth, Malsfeld unnd Heinebach. Nach den Recherchen Maurers werden im Jahre 1711 in Röhrenfurth erstmals drei Juden genannt. Die Synagoge an der Straße Zum Breitenbach ist vermutlich 1829 eingerichtet worden. Laut Chronik hatten sich die Röhrenfurther Juden erfolgreich gegen eine Zuteilung zur Gemeinde Melsungen gewehrt.
Das Synagogengebäude wurde 1921 in ein Wohnhaus umgebaut. Hier wurden 1939 die noch in Röhrenfurth lebenden Juden einquartiert.
Heimatchronist Heinrich Riedemann erinnert daran, dass die letzten Röhrenfurter Juden zu denen gehörten, die während des Nazi-Regimes vom Kasseler Hauptbahnhof aus ihre Reise ohne Wiederkehr antreten mussten und bei 40 Grad Minus und im Schneesturm ins jüdische Ghetto in Riga kamen. 2500 Juden aus Nordhessen kamen nach Riga sowie in die Konzentrationslager Majdanek und Theresienstadt. (m.s.)
 
Trauriges Kapitel
Dank zahlreicher Spenden ist das Projekt Gedenkstein finanziell gesichert, freut sich Initiator Heinrich Riedemann.  Die Gesamtkosten betragen 7000 Euro. „Das ganze Dorf steht hinter dem Projekt, wie die Spenden der Röhrenfurter Vereine zeigen”, sagt er. Gespendet haben die Hessische Staatskanzlei, die Stiftungen der Kreissparkasse und der VR-Bank, die Jagdgenossenschaft, der Turn- und Sportverein, die Christliche Gemeinde Röhrenfurth, der SPD-Ortsverein, die Freiwillige Feuerwehr, der Veteranen-Löschzug, die Chorvereinigung und die Karneval-Gemeinschaft. Die Restfinanzierung erledigt der Verein Dorfgemeinschaft Röhrenfurth. Vorsitzender Klaus Bärthel dankt allen Spendern, „denn dies betrifft ein besonders trauriges Kapitel der deutschen Geschichte, welches nicht ignoriert werden darf”. (m.s.)
 
Das sagt der Pfarrer
„Als Kirche haben wir die Verantwortung, uns an unsere gemeinsamen Wurzeln mit dem Volk Israel zu erinnern”, sagt Pfarrer Henning Meinecke. Und: „Wegen der Schuld, die auf dem deutschen Volk lastet, wollen wir im Gottesdienst gemeinsam um Vergebung und Heilung bitten.” (m.s.)
 
 
Das sagt der Ortsvorsteher
„Auch in unserem Dorf wurden während der NS-Zeit Mitbürger ermordet, nur weil sie einer bestimmten Glaubensrichtung angehörten”, sagt Ortsvorsteher Michael Wagner. Und: „Dieser Stein soll uns immer an das verübte Unrecht erinnern und dazu auffordern, solche Verbrechen nie wieder zuzulassen.” (m.s.)
 
 

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