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Bau der Wasserleitung

© Dorfgemeinschaft
Röhrenfurth

800 Jahre Röhrenfurth (1982)
Geschichte und Geschichten eines Dorfes
Aktualisierte Ausgabe

Vom Bau der Röhrenfurther Wasserleitung

Bereits in den Jahren 1902 und 1903 war ein Großteil der Röhrenfurther Einwohner für den Bau einer Wasserleitung. Es hatte heftige Diskussionen gegeben, und in 1903 war sogar ein Antrag von diesen Bürgern an das königliche Landratsamt in Melsungen gestellt worden mit der Bitte, den Bau einer Wasserleitung zu veranlassen. "Merkwürdiger Weise haben nun die meisten Mitglieder unserer gegenwärtigen Gemeindevertretung Brunnen und lehnten darum den Antrag auf Wasserleitung rundweg ab mit dem Bemerken: "Wir haben Brunnen und graben auf dem Schulhofe einen Brunnen", heißt es in einer Chronik aus dieser Zeit. Obwohl das Wasser von drei ausgewählten Brunnen im Unterdorf von der "Versuchsstation in Marburg" als ungenießbar bezeichnet wurde und "sehr viel Ammoniak, Salpetersäure, Eisenoxydul und Infusorien" enthielt, wurde der Brunnen trotzdem gegraben. Das Ergebnis war dementsprechend: "Das Wasser hat einen grüngelblichen Schein, schmeckt fade und gibt beim Kochen einen roten Schaum und starken rötlichen Bodensatz", schreibt der Chronist im Jahre 1903.
Es dauerte dann noch weitere sechs Jahre, bis der Wunsch zur besseren und bequemeren, aber auch hygienischeren Wasserversorgung Wirklichkeit wurde. Bisher war das Wasser, sofern kein Brunnen in der Nähe vorhanden war, aus der Fulda, dem Breitenbach und dem Mühlenteich geholt worden. Im Jahre 1852 gab es insgesamt 15 Brunnen -ausnahmslos Privatbrunnen- im Dorf, davon vier im Unterdorf und zwar zwischen dem Haus und der Scheune des Anwesens Bettenhausen (jetzt Berge), auf der rechten Hofseite der Gastwirtschaft Steinbach (jetzt Stöhr), hinter dem Wohnhaus Wilh. Nödel II. (jetzt Holzhausen), an der hinteren linken Hausecke des Hofes Wilhelm Nödel (Unterdorf 3), im Oberdorf auf dem Hofe des Hauses Heinrich Schanze (jetzt Metz, Lindenstraße 2), auf der Grenze zwischen Salomon David und dem damals größten Hof Johannes Bernhardt (jetzt Rose und Imming), hinter der Scheune des Leiser Abt (früher Kilian Weserstraße), ein weiterer hinter diesem Haus, gehörte jedoch Justus Geier (jetzt Häde-Jawor), hinter dem Hause Krd. Kilian (jetzt Johannes Landgrebe), hinter der Scheune des Leib Levi (jetzt Weingarten), rechts vom Hause des Justus Bödiger (jetzt Wilhelm Müller, Grundstraße), im Hofe (jetzt Garten) des Hauses David David (früher Borngrebe, jetzt Möller), hinter dem Hause Joseph Speier (jetzt Hendrich, Grundstraße), zwischen den Häusern Johs. Nadler und Moses Speier (jetzt Hrch. Nadler und Gottfried Bettenhausen), hinter dem Hause von Krd. Grunewald (jetzt Karl Barthel, Lindenstraße) und links vom Hause Johs. Nadler I. (jetzt Hch. Moog). Die Anwohner des Breitenbaches holten ihr Wasser aus diesem Rinnsal.
Nach langem Für und Wider und manchen Versuchen, den Bau der Wasserleitung doch noch zu verhindern, wurde mit dem Röhrenfurther Bauunternehmer Emil Herzog ein umfangreicher, spezifizierter Vertrag für dieses so wichtige Bauvorhaben abgeschlossen. Vorausgegangen waren Untersuchungen des Wassers der Quelle im Spittelsgraben, die eine gute Wasserqualität bestätigten. (Das Wasser kommt aus dem Buntsandstein des Spittesrück, ist kaum kalkhaltig, daher sehr „weich" und besitzt einen ausgezeichneten Geschmack). Nachdem das Königliche Landratsamt in Melsungen und das Melorations-Bauamt in Kassel den Bau gebilligt hatten, konnte im Frühjahr des Jahres 1909 mit den Arbeiten begonnen werden. Vertraglich sollten sie spätestens am 10. Nov. desselben Jahres beendet sein. Sie gingen jedoch so gut vonstatten, daß die Rechnung bereits am 29. Sept. 1909 von dem Bauleitungs-Beamten F. L. Philippi in Kassel geprüft war. Die Wasserversorgung hatte insgesamt 30.297,70 Mark gekostet. In dieser Summe waren die Quellfassung, die Zuleitung zum Hochbehälter (Ecke Bergstraße und Ostwaldstraße), die Rohrleitungen innerhalb des Dorfes, die Hausanschlüsse, der Bau des Hochbehälters, die Überlaufleitung vom Hochbehälter zum Mühlenbach und alle Nebenarbeiten eingeschlossen. Die Quelle wurde in einem 25 Meter langen, 1,50 Meter breiten und zwischen 1,50 und 1,20 Meter tiefen Graben gefaßt. Zur Talseite hin erhielt der Graben eine 50 cm starke und 1,80 Meter hohe Wand aus Ton, um das Abfließen des aufgefangenen Wassers zu verhindern. Auf die Grabensohle legte man durchlochte Tonrohre mit 10 cm lichter Weite, die das Wasser zum eigentlichen Quellenschacht leiteten. Dann wurde das ganze mit Schotter aufgefüllt und zum Schutz gegen einsickerndes Oberflächenwasser mit einer 30 cm dicken Tonschicht abgedeckt. Der Quellschacht bestand aus 1,80 Meter im Durchmesser und 2,50 Meter tiefen Zementbrunnenringen, in denen das Quellwasser aufgefangen wurde, zur Reinigung durch eine Filterschicht lief, um dann durch 60 mm i. L. messende Gußrohre fließend, nach genau 2.578 Meter im Hochbehälter gespeichert zu werden. Als Hauptleitung im Dorf verlegte man 80 mm i. L. messende Gußrohre in einer Gesamtlänge von 1.535,5 Meter, für die Hausanschlüsse wurden insgesamt 928 Meter galvanisierte, schmiedeeiserne Rohre mit einem Durchmesser von 20 mm benötigt. Durch den Bahndamm legte man die Wasserleitungsrohre in 25 mm i. L. messende glasierte Tonrohre, die beidseitig durch gemauerte Schächte zugänglich sind. Zur Verlegung durch die Fulda mußte ein 1 Meter tiefer Graben ausgebaggert werden, um das frühere Forsthaus und den Freudenstein'schen Hof anschließen zu können. Für außervertragliche Leistungen wurden folgende Stundenlöhne vereinbart: für den Polier 60 Pf., für den Maurer 50 Pf., für den Pflasterer 50 Pf., für den Rohrverleger 60 Pf., für den Vorarbeiter 60 Pf. und für den Arbeiter 40 Pf. Vierzig Jahre lang genügte diese Wasserversorgung den Ansprüchen des Dorfes. Als sich jedoch, vor allem durch die Kriegsereignisse, die Einwohnerzahl von 573 im Jahre 1910 über 822 in 1939 auf 1207 im Jahre 1950 mehr als verdoppelt hatte, gab es, besonders im Sommer, erhebliche Schwierigkeiten, die nur durch Teilabschaltungen einigermaßen überbrückt werden konnten. Auch der Einbau von Wasseruhren brachte nicht die erhoffte Entlastung. Die Quelle hätte zwar noch mehr Wasser geliefert, aber der Zulauf zum Hochbehälter war infolge der 60 mm Rohre zu gering. Ein weiterer Nachteil war die ungünstige Lage des ,,Hoch"-Behälters, er lag zu tief. Neues Baugelände, auf dem Hirtenrain und im Schottengarten vorhanden, konnte nicht erschlossen und bebaut werden. Die vielen Bauwilligen mußten entweder warten, auf den wenigen, sehr ungünstig gelegenen Plätzen ihre Häuschen bauen oder aber in andere Orte abwandern. Schließlich faßte die Gemeindevertretung am 1. Febr. 1963 den Beschluß, einen neuen, 300 cbm fassenden Hochbehälter an einer höher gelegenen Stelle zu errichten. Am 8. Nov. 1963 vergab man die Arbeiten zum Pauschalpreis von 79.500 Deutsche Mark an eine Kasseler Firma, die den gekachelten und den modernen Erfordernissen entsprechenden Hochbehälter im Jahre 1964 der Gemeinde übergab. Das leidige Wasserproblem war jedoch noch nicht gelöst. Die im Jahre 1909 mit nur 60 mm-Rohren von der Quelle her verlegte Leitung transportierte nicht genügend Wasser. Im Jahre 1967 wurde dann eine zusätzliche Versorgungsleitung aus Kunststoffrohren verlegt, nachdem im Sommer zuvor sogar die Feuerwehr mit ihrer Motorpumpe versucht hatte, ,,etwas mehr Druck zu machen", um dadurch den Zufluß zu erhöhen. Endgültig gelöst wurde das Problem erst nach der Eingemeindung in die Stadt Melsungen, die eine Verbindungsleitung von Schwarzenberg über den Schwarzenberger Weg bis zum Hause Weber verlegte und dort die Ortsleitung anschloß. Zuvor war noch ein Versuch unternommen worden, neben dem neuen Hochbehälter durch eine Tiefenbohrung Wasser zu erschließen. Leider hatten sich die Geologen geirrt, die Bohrung lieferte nicht genügend Wasser und wurde deshalb aufgegeben. Im alten Hochbehälter wird nun die Löschwasserreserve gespeichert.

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