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Willkommen in Röhrenfurth

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Wüstungen Breitenbach

© Dorfgemeinschaft
Röhrenfurth

800 Jahre Röhrenfurth (1982)
Geschichte und Geschichten eines Dorfes
Aktualisierte Ausgabe

Die Wüstungen in der Umgebung unseres Dorfes
Alt- und Neu-Breitenbach

Die Wüstungen Alt- und Neu-Breitenbach haben sich bisher den Heimatforschern weitgehend verschlossen, denn in unserer Feldflur erinnert lediglich die sehr alte Flurbezeichnung „Die Breitenbachs Triescher" an die Existenz zweier Orte im Tal des Breitenbaches, nordöstlich von Röhrenfurth. Die einzige urkundliche Erwähnung stammt vom 23. April 1269. Der Ritter Wolradus von Rorenvort verkaufte damals mit Zustimmung seiner Ehefrau und seiner Söhne Hermann und Wolrad (der Jüngere) seine Besitzungen bei Röhrenfurth und in "novum et antiquum Breydenbach" an das Nonnenkloster Eppenberg (später Karthause, unterhalb des Heiligenbergs).
Das Kloster Eppenberg wurde im Jahre 1223 als Filiale des Klosters Ahnaberg bei Kassel gegründet und ging 1338 in den Besitz der Karthäuser Mönche über (diese Bemerkung erscheint für spätere Überlegungen wichtig).
Die Lage des „Ortes" Alt-Breitenbach ist nicht mehr -auch nur annähernd- bestimmbar. Vermutlich standen einige Häuser zwischen dem „Grundweg" und dem "Triftweg", dort wo bei "Landgreben Wiese" der Wald anfängt, also rechts des Breitenbaches. Außerdem könnte man die früheren Acker-Terrassen (jetzt Weide), ebenfalls zwischen Trift- und Grundweg, als Feldflur von Alt-Breitenbach ansehen. Alt-Breitenbach ist eine totale Orts- und Flurwüstung, an die nichts mehr erinnert.
Anders verhält es sich mit Neu-Breitenbach. Da ist zunächst die bereits erwähnte Flur, die Breitenbachstriescher, die an dem in den Jahren 1977 bis 1979 mit Bauschutt ausgefüllten "Zehntgraben" beginnt und sich bis zum Anfang des "Hospitalsgrundes" erstreckt. Hier waren die Triesche seit über 250 Jahren Eigentum der Gemeinde und der Röhrenfurther Einwohner (Gemeindsnutzen und Gemeinsnutzen) wie aus den ältesten Steuerkataster ersichtlich ist (Steuerstock von 1712). Der größte Teil des früher als gemeinsame Hute genutzten Gemeinde-Eigentums wurde etwa ab 1820 urbar gemacht und als "Gemeinde-Rottland" unter die Einwohner verteilt. Nicht ganz die Hälfte der Fläche blieb jedoch im "Gesamthandbesitz" von 49 Röhrenfurthern, der "Gemeinnutzen" oder die heutigen "Interessenten"-Flächen. Zweifellos handelt es sich hierbei um die Dorfflur von Neu-Breitenbach, die sehr genau abgrenzbar ist. Auch die Verkoppelung hat an den Eigentumsverhältnissen nichts geändert. Der Weiler Neu-Breitenbach war sehr eng mit der mittelalterlichen Glashütte im Hüttengrund verbunden und nur durch sie lebensfähig, wahrscheinlich zusammen mit ihr gegründet als eine Art „Arbeitersiedlung" für die Hüttenarbeiter, die Glasbläser, die Töpfer, die Köhler und die Gespannhalter, die das Material für den Hüttenbetrieb anfahren mußten. Der Boden war und ist wenig fruchtbar; mit Ton durchsetzt bot er wohl kaum Anreiz für eine Siedlung rein bäuerlicher Natur.
Wo die Häuser des Dörfchens standen, ist bisher nicht erforscht worden; vermutlich jedoch dort, wo der heutige Interessenten-Wald steht und oberhalb des Hainbuchweges. Da diese Flächen schon immer mit Wald bestanden waren, daher nicht gerodet wurden, sind Mauerreste, die zweifellos vorhanden sein müssen, nicht gefunden worden. Anders verhält es sich mit dem Friedhof von Neu-Breitenbach, dessen Lage ziemlich genau zu bestimmen ist. Die Einwohner bestatteten ihre Toten unterhalb des Weges zwischen dem Interessentenwald, auf der heute von Gebüsch und Bäumen eingegrenzten Ecke der"Ziegenbockswiese".
Im Jahre 1919 bat ein früherer Röhrenfurther die Gemeinde, ihm ein Stück Unland zum Urbarmachen zu überlassen; er erhielt zu diesem Zweck das erwähnte letzte, noch mit Dörnern und Büschen bewachsene gemeindeeigene Stück der Breitenbachs-Triescher. Bei diesen Arbeiten stieß er auf eine Anzahl von Hügeln, die große Ähnlichkeit mit Grabhügeln hatten und von ihm und seinen Helfern auch als solche angesehen wurden.
So dem Chronist erzählt von Johannes Steube (Bachstraße), dem Bruder von Wilhelm Steube, der das Stück Unland rodete und von Konrad Aschenbrenner (Hirtenweg), der diese Angaben bestätigte und zu dem „Rodeland" von damals führte.
Wann Neu-Breitenbach gegründet und wann es wieder wüst wurde, ist weder durch Urkunden noch durch andere Tatsachen zu belegen; auch in den Amtsrechnungen des Amtes Melsungen oder in den Rechnungen der Stadt Melsungen fehlen Hinweise auf seine Existenz. Es kann sich daher nur um eine Aufzählung von Indizien handeln, mit deren Hilfe der Versuch einer zeitlichen Einordnung unternommen werden soll.
Wie bereits erwähnt, erwarb das Kloster Eppenberg das Gebiet im Breitenbachtal für die damals recht ansehnliche Summe von 21 „Mark" (auf den heutigen Wert umgerechnet etwa 30.000 Deutsche Mark). Was hat die Verantwortlichen des Klosters Ahnaberg bzw. Eppenberg bewogen, eine solche Menge Geld für ein landwirtschaftlich so wenig ertragreiches Gebiet auszugeben, wenn nicht andere lukrative Einnahmen eine gute „Verzinsung" des eingesetzten Kapitals versprachen? Hier liegt der Gedanke sehr nahe, daß neben dem Ort Neu-Breitenbach bereits die Glashütte im Hüttengrund arbeitete, die für die Herren von Röhrenfurth nicht die Bedeutung hatte, wie für ein Kloster mit seinem ständigen Bedarf an sakralen Glasgefäßen, an bunten Scheiben für die Klosterkirche und an Töpferwaren für die Klosterküche (Näheres auch im Kapitel über die mittelalterliche Glashütte). Man kann also davon ausgehen, daß Neu-Breitenbach spätestens in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts (von 1200 bis 1250) entstanden ist, sich ständig im Besitz des Klosters Eppenberg/Karthause befand und dann nach der Auflösung des Klosters im Jahre 1526, zusammen mit der Glashütte, für deren Produkte kein Bedarf mehr war, wüst wurde. „Wüst" nicht im Sinne eines langsamen Verfalls, sondern durch den Abbau allen verfügbaren Materials durch die Einwohner, die sich in Röhrenfurth ansiedelten. Keinesfalls ist der Ort durch kriegerische Ereignisse zerstört worden, denn nichts deutet in dieser „Gemarkung" auf so etwas hin. Durch die Säkularisierung des Klosterbesitzes im Breitenbachtal kam die Röhrenfurther Gemeinde und ihre Einwohner in den Besitz des Gemeindenutzens und des Gemeinnutzens. Man kann sogar annehmen, daß die Breitenbacher diese Flächen als „Morgengabe" mit nach Röhrenfurth brachten. Interessant ist auch, daß die Wiesen links und rechts des Baches -zwischen Grundweg und Triescherweg- Riedeselsches Eigentum blieben; und auch der Spittelsgrund, dessen Zehnter von Eckhardt I. von Röhrenfurth dem Hospital in Melsungen vermacht wurde, gehörte nicht zum Besitz des Klosters.
 

Die Wüstung Wendesdorf

Die erste urkundliche Erwähnung der Siedlung Wendesdorf stammt aus dem Jahre 1332, als der Priester Gumbracht bestätigte fünf Äcker auf dem "Wendesdorfer Berg" gekauft zu haben, die nach seinem Tode dem Allerheiligenaltar in der Melsunger Kirche zufallen sollen, wobei ausdrücklich erwähnt wird, daß diese Äcker in Wendesdorf liegen.
Das Dorf unterhalb der Steinwelle (des Steinwaldes, Steinbühels) stieß auf den Gießengraben und lag in der Flur "Am Lobenhäuser Pfad", also genau oben auf dem "Wengesberg". Zu der Gemarkung Wendesdorf gehörte auch die "Wendisaue", ein Garten und eine Wiese unter dem Kessel, im Besitze des Landgrafen und an Lobenhäuser Einwohner verpachtet.
Das Land auf dem Wendesberg war steinig und schlecht und wechselte daher sehr häufig den Besitzer. Im Jahre 1351 vergibt der Landgraf Heinrich II. seinen getreuen aber verarmten Gefolgsleuten Johann, Gisela und Katharina von Schwarzenberg, den Zehnten seines Besitzes in Wendesdorf. Das Kloster Eppenberg hatte dort Besitz, der 1356 an den Melsunger Bürger Hans Bahlhorn verpachtet war und aus einem Hof mit 3/4 Hufe (rd. 24 Acker) Land bestand. Bahlhorn gab das „Gut" jedoch 1358 an die Nonnen von Eppenberg zurück, die es auf seine Bitte hin an seinen Neffen verpachteten, gegen die jährliche Abgabe von einem Viertel Zentner Unschlitt (Kerzenwachs).
Sechs Jahre später verkaufte dieser jüngere Bahlhorn das Gut für sechzehn Pfund Pfennige an Otto II. von Röhrenfurth, der zu dieser Zeit Melsunger Amtmann war. 1383, als Otto II. sein Erbe aufteilte, fand er seinen Sohn Otto den Jüngeren mit Haus und Hof in Wendesdorf und den dazugehörigen "Äckern, Wiesen, Berg, Holz und Feld" ab. Nach dessen Tod sollten seine Neffen Strauß von Binsförth und Otto von Gleichen den Besitz erben (siehe auch im Kapitel: Die Herren von Röhrenfurth).
In den Kriegen von 1390, als Heere des Erzbischofs von Mainz, des Landgrafen von Thüringen und des Herzogs von Braunschweig in der Gegend von Melsungen zusammenstoßen, scheinen beide Röhrenfurther (Otto der Jüngere und sein Bruder Hans) umgekommen zu sein; denn nun tritt Strauß von Binsförth als Erbe auf und bringt auch die Wendesdörfer Äcker des Melsunger Allerheiligenaltars an sich. Erst nach hartnäckigen Verhandlungen kann der Melsunger Schultheiß Heinrich von Kirchhain erreichen, daß die fünf Äcker zu Wendesdorf dem Altar zurückgegeben werden. Diese Äcker lagen am Lobenhäuser Pfad, am Giesengraben (früher Geisengraben) und an der Steinwelle.
Die letzten Mitglieder der Familie von Röhrenfurth behielten dort bis zuletzt einigen Besitz, ebenfalls Röhrenfurther Bauern und der Röhrenfurther „Heyligenmeister" (der Kastenmeister der Röhrenfurther Kirche). Der Röhrenfurther Bauer Tiele Gonderam und seine Ehefrau Elke schenkten 1427 zwei ihrer Wendesdorfer Äcker dem Melsunger Katharinenaltare, dessen Inhaber, die Karthäuser Mönche, sie an einen Melsunger Bürger (1495) veräußerten. Entscheidende Veränderungen brachte das Jahr 1432. Damals, nach dem Tode von Eckhards II. von Röhrenfurth, verleiht die Reichsabtei Hersfeld, die ebenfalls in Wendesdorf begütert war, das Erblehen zu Wendesdorf, das die von Röhrenfurth besessen hatten, an Hermann Riedesel. Es bestand noch aus einem festen Haus und einem Wirtschaftshof, woran die auf der Karte des "Bezircks Röhrenfurtt" oberhalb von "Lorenzen Wäldchen" angegebene Flurbezeichnung "das Kaw" erinnert (Kaw = Bezeichnung für das Vorwerk eines Gutes). Wann die Gebäude verfielen, ist nicht nachweisbar, vermutlich nach 1460. Die Besitzverhältnisse des Flecken Wendesdorf (1460 Wenthesdorf) waren während der gesamten Zeit seines Bestehens verwirrend unübersichtlich, sogar ein Spangenberger Bürger Süßemei vermachte (1453) sein Gut Wendesdorf den Karthäuser Mönchen, die wiederum ihren Melsunger Vikar in 1460 damit ausstatteten. Im Jahre 1495 erwirbt der Melsunger Bürger Hannes Wuthefeid alle Liegenschaften. Das Dorf war damals schon wüst, die Feldflur aufgeteilt nach Röhrenfurth, Melsungen und Schwarzenberg.
Das einzige, was von Wendesdorf gefunden wurde, waren einige Mauerreste, die beim Ackern des Flurstückes "Am Lobenhäuser Pfad" zutage gefördert wurden. Die „Höhle", durch die die alte Poststraße nach Melsungen führte, ist wahrscheinlich angelegt worden, um die Abfahrt den steilen Wendesberg hinab zur Fulda etwas weniger halsbrecherischer zu machen. Der Rest eines "Burggraben" ist sie bestimmt nie gewesen.

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